Zwischen Christnach und Larochette befindet sich das “Hougericht”. Hier wurden Menschen bestraft mit dem Tod. Der letzte Luxemburger der hier dem Tod begegnet war, ist Mathes von Medernach, sein eigentlicher Name war Mathias Zimmer. Er arbeitete als Tagelöhner (Doléiner) bei Bauer Klein in Medernach. Um mit seiner Frau und zwei Kinder über die Runden zu kommen, hat er eines Tages Geld gestohlen. Andere Geschichten sagen, er stahl auch Brot für seine arme Familie. Er wollte daraufhin das Geld zurückgeben, die Justiz wollte jedoch ein Beispiel stellen.
Am 02.08.1793, also vor mehr als 200 Jahren wurde er hier aufgehängt.
Es gibt zu dem Thema ein Buch von Johann Engling: De Mathes vu Medernach oder die letzte Hinrichtung mit dem Strange zur Zeit des Feudalrechts. Luxemburg, 1883, Neuauflage 1994.
Im April 1793 stattfindende Eigentumsdelikte mittleren Ausmasses führten zur Verhaftung des Diebes. Obwohl die Affäre aus der Sicht der damaligen Justiz nichts Besonderes darstellte, sollte sie, da der Täter als letzter unter dem “Ancien Régime” hingerichtet wurde, Berühmtheit erlangen. Das ganze Verfahren wies einige bedenkliche Aspekte auf. Ob jedoch die Hinrichtung des “Mathes” von Medernach als Synonym für die “Verruchtheit” der Gerichtspersonen zu gelten hat, wie es manche moderne Historiker wissen wollen, ist schwer zu beurteilen. Es sei deshalb dem Leser überlassen, sich an Hand der Geschechnisse selbst eine Meinung zu bilden.
Bei Mathias Zimmer handelte es sich um einen aus dem Dörfchen Holzrath im Hunsrück zugewanderten Deutschen, welcher zunächst bei dem Medernach Bauern Georg Klein als Knecht arbeitete. Schon nach einem Jahr wurde er es überdrüssig, immer unter der Fuchtel desselben Dienstherrn zu stehen, kündigte und verdingte sich fortan als Tagelöhner und Gelegenheitsarbeiter. Dabei kam ihm seine ungewöhnliche Geschicklichkeit im Decken von Strohdächern sehr zu statten. 1788 hatte er genug vom Junggesellenleben, heiratete die Medernacherin Elisabeth Troisel aus dem Haus "Goebels" und zog wegen seiner großen Armut zu den Schwiergereltern. Die Heirat wurde in der Familie der Frau als unstandesgemäß betrachtet und schon bald häuften sich die Vorwürfe, Mathes sei, da er nicht genug verdiene, ein unfähiger und gescheiterter Mensch.
Unter dem seelischen und materiellen Druck sann der arme Teufel über Möglichkeiten nach, zu Geld zu kommen. Der Bruder seines ehemaligen Dienstherrn, ein Geistlicher welcher vor den Franzosen geflüchtet war, hatte diesem eine grössere Menge von Goldstücken zur Aufbewahrung anvertraut. Am Morgen des 7. April 1793, als die gesamte Familie zur Messe gegangen war, kletterte Mathes durch das nur angelehnte Küchenfenster, erbrach mit der Feuerzange den Schrank in welchem Klein sein Geld aufgewahrte und suchte mit 225 Louis d’Or, 150 niederländischen Kronentalern sowie einigen Dukaten das Weite. Als einer der wenigen, die von dem Schatz wussten, fiel der Verdacht auf ihn; er gestand, das Geld in den Felsen hinter dem Haus seines Schwiergervaters versteckt zu haben. Ohne weitere Schwierigkeiten gab er alles zurück.
Die Felser Hochgerichtsherren waren, obwohl der Bestohlene die Klage zurückzog, nicht damit zufrieden und fertigten einen Haftbefehl gegen Zimmer aus. Ob dabei lediglich juristische Erwägungen mitspielten oder das berüchtigte Gebührensystem der alten Gerichtsbarkeit, welches die Amtspersonen an den Geldstrafen beteiligte, Schuld daran trug, ist nicht festzustellen. Als die Häscher anrückten, versteckte sich Mathes im Kalkofen des Scherfenhofes, wurde aber entdeckt und in Ketten nach Fels geführt. Da das Arrestlokal völlig verlottert war und nicht mehr sicher genug schien, sperrte man den Delinquenten in einen Keller der verfallenen Burg. Während der dreimonatigen Haft spottete seine Behandlung jeder Beschreibung und wies derart unmenschliche Aspekte auf, dass die mitleidingen Felser ihn während der Nacht heimlich mit Essen und Geld versorgten. Hatte der Gefangene Geld, bestand für ihn die Möglichkeit, die karge Gefängniskost aufzubessern.
Bei der Gerichtsverhandlung warf man ihm ausser dem Hauptdelikt vor, beim Bäcker Süs in Trier und verschiedenen Dorfbewohnern Brot gestohlen und dem Förster von Moestroff zwei Kronentaler aus der Hosentasche entwendet zu haben. Diese Nebenklagen standen auf wackligen Füssen, doch genügte nach damaligem Recht der Diebstahl beim Bauern Klein zur Begründung des Urteils. Am 26. Juli 1793 sah sich der Unglückliche zum Tod durch den Strang verurteilt. Die Felser Bürger wurden aufgefordert, am Dienstag, den 30. Juli, bei der Hinrichtung anwesend zu sein. Die Benachrichtigung des Propstes von Luxemburg geschah durch folgenden Brief :
“Unterthannigst vorbringen thut unbeschriebener ambtskläger der Herrschaft Veltz, wie dass er vor dasigem gericht am 26. dieses beyliegendes urtheil zu Belast Mathias Zimemr von Holzrath, verheurathet zu Medernach als inhaftirter in materia furti erhalten kraft welchem derselbe verwiesen worden; durch den Nachrichter vom Leben zum Todt hingerichtet zu werden, undt für dieses vollziehen zu thun, hat man den Tag für nächtskünftigen Dienstag als 30. dieses bestimbt, undt die untertanen darzu eingebieten thun, weshalben seyendt sie untertännigst gebetten, dem Scharfrichter hiesiger Stadt anzubefehlen am gesagten Tag gegend sieben uhr vormittags bey dem gefängnus zu Veltz zu erscheinen um die questionis Execution vermög seiner Gebührenden Belohnung zu vollziehen”.
Die Hinrichtung fand am 2. August 1793 auf der Anhöhe zwischen Christnach und Fels gelegenen Galgen statt, Pfaffer Godlib aus Bettendorf war mit dem geistlichen Besitand beauftragt. Der Scharfrichter, ein Gelegenheitshenker aus Freckeisen, benahm sich so ungeschickt, dass es lange, qualvolle Minuten dauerte, bis der Verurteilte tot war. Befremdend wirkt auch, dass die Frau des Mathes anwesend war und dabei ihr jüngstes Kind auf dem Arm trug. Obwohl es hieß, der Tote müsse bis zur völligen Auflösung hängen bleiben, schnitten ihn sein Schwager und ein hilfsbereiter Nachbar während der Nacht vom Galgen ab und begruben ihn in einem Ackerfeld, wo er dem jüngsten Tag entgegenschlummert. Die genauer Lage des Grabes war nach Beseitigung der Feudalhersschaft nicht mehr festzustellen.
Zwei Jahre später war es mit den Galgen heirzulande vorbei. Am 30. November 1795 ordnete die Zentralverwaltung des Département des Forêts an : “toutes les fourches patibulaires et autres insignes des anciennes justices suprimées le 9 août seront abattus dans le plus court délai”.